Donnerstag, 9. August 2012

GmbH-Reform in Österreich – Warten auf Godot?

Ist die geplante Herabsetzung des Stammkapitals bei GmbH-Gründung sinnvoll?

Seit Jahren wird in Österreich – weitgehend ergebnislos - eine Reform des GmbH-Rechts  diskutiert.
Derzeit ist für die Gründung einer GmbH ein Mindeststammkapital von € 35.000,-nötig, wovon die Hälfte, also € 17.500,-, sofort aufzubringen ist.
Der eigentliche Grund für die jahrelange Nicht-Reform liegt darin, dass sich die Finanzministerin dagegen wehrt:  Eine Absenkung des Stammkapitals würde zu Verlusten bei den Einnahmen aus der Mindestkörperschaftssteuer führen. Die Mindestkörperschaftssteuer beträgt derzeit € 1.750,- pro Jahr und wird unabhängig davon fällig, ob die GmbH Gewinne oder Verluste macht. Die Höhe der Mindestkörperschaftssteuer  ist von der Höhe des Stammkapitals abhängig.

Hinkünftig sollen nach Reformvorschlägen für die Gründung einer "GmbH light" nur noch € 10.000,- erforderlich sein.
Über die Sinnhaftigkeit einer Herabsetzung des Gründungskapitals kann man verschiedener Meinung sein.

Tatsache ist, dass das aufgebrachte Kapital nicht für ewige Zeiten auf einem Bankkonto liegen muss, sondern selbstverständlich für Zwecke des Unternehmens verwendet werden kann. Von irgendwelchen Kleinstunternehmern mit Homeoffice abgesehen wird aber der Start eines Unternehmens mit wesentlich höheren Kosten verbunden sein.
Wer also die Entscheidung trifft, sein Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betreiben zu wollen, steht ohnedies vor der Frage, wie er die Anlaufinvestitionen finanziert.

Die fehlende Möglichkeit, bei der Gründung eines Unternehmens auch nur € 17.500,- aufzubringen, führt häufig dazu, dass schon zu Beginn  der Tätigkeit eine massive Unterkapitalisierung vorliegt. Häufig ist die fehlende Kapitalausstattung bei Gründung die Ursache erheblicher Schwierigkeiten und Liquiditätsproblemen im weiteren Verlauf und endet nicht selten in der Insolvenz.
Daher: Wer das Stammkapital nicht aufbringen kann, sollte sich überlegen, ob er überhaupt Unternehmer werden will oder sich zumindest eine Branche suchen, die keine Investitionen erfordert. Für diese Kleinstunternehmen (EPU) eignet sich die Rechtsform der GmbH aber ohnehin kaum.

Ein weiterer Nachteil der Herabsetzung des Stammkapitals ist die schwindende Anerkennung der Rechtsform bei Gläubigern. Schon jetzt bekommt eine GmbH ohne persönliche Haftung der Gesellschafter bzw. Geschäftsführer bei keiner Bank Kredit.  Der vermeintliche Vorteil der Haftungsbeschränkung (nur die GmbH selbst haftet für ihre Schulden) ist durch zahllose Haftungsbestimmungen durchlöchert. Dieses Problem wird durch eine Absenkung des Stammkapitals noch eher erschwert.
Sollte im Rahmen der Reformüberlegungen angedacht werden, die Absenkung des Stammkapitals gegen eine Ausweitung der Haftungen der Gesellschafter oder Geschäftsführer abzuwiegen, wäre eher eine Erhöhung des Stammkapitals gegen echte Haftungsbeschränkung sinnvoll.

Veröffentlichungspflichten in der „Wiener Zeitung“

Dennoch könnten im Rahmen einer Reform rasch echte Erleichterungen beschlossen werden: Die derzeitige Rechtslage sieht vor, dass alle Eintragungen oder Änderungen im Firmenbuch auf Kosten der Gesellschaft im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht werden müssen. Diese Veröffentlichungen sind ein bürokratischer Schwachsinn der Sonderklasse. Die Veröffentlichungen erfolgen üblicherweise erst mit wochenlagen Verzögerungen. Der Informationswert ist im Zeitalter des Internets nicht vorhanden. Einziger Zweck dieser Zwangsveröffentlichungen ist die Finanzierung der Wiener Zeitung. Dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit könnte durch akkurate Veröffentlichung im Internet besser nachgekommen werden.
Mag. Dr. Gerwin Kürzl - Fiduzia Steuerberatung


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