Montag, 8. April 2013

Strenge Beurteilung der Wirksamkeit von Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen

Vor Kurzem hat der Oberste Gerichtshof entschieden  (OGH 17. 12. 2012, 9 Ob  A 94/12g), dass für die Wirksamkeit von Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen der Verweis auf eine kollektivvertragliche Regelung, die bloß den Rahmen für die maximale Bindungsdauer und Mindestaliquotierung vorgibt, nicht ausreichend ist.

Im Dienstvertrag eines Arbeitnehmers war zum Thema  „Aus- und Fortbildungsaufwand“  geregelt, dass die vom Dienstgeber getragenen Aus- und Fortbildungskosten gemäß der Bestimmungen des  anzuwendenden Kollektivvertrages vom Dienstnehmer zu refundieren sind.

In den Vereinbarungen über die entsprechenden Ausbildungen war geregelt:

„Der Besuch und die Teilnahme der oben angeführten Bildungsveranstaltung wurden einvernehmlich verein­bart. Der Mitarbeiter verpflichtet sich zum regelmäßigen Besuch der Veranstaltung. Die Verpflichtung des Dienstnehmers zur Rückzahlung der Kosten zuzüglich Umsatz­steuer wird hiermit nochmals ausdrücklich vereinbart.“

Eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Rückverrechnung über fünf Jahre lag nicht vor.

Der Kollektivvertrag sah vor: „Im Falle ihres Ausscheidens durch Selbstkündigung, einvernehmliche Lösung, vorzeitigen unbe­rechtigten Austritt oder gerechtfertigte Entlassung (§ 27 AngG) haben Dienstnehmer die vom Dienstgeber zur Aus- und Fortbildung aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen rückzuerstatten:

a) Die Kosten sind zwischen Dienstgeber und Angestellten im Vorhinein schriftlich festzulegen. Dabei ist auch Übereinstimmung über den Veranstalter zu erzielen.

b) Die Aus- und Fortbildung muss vom Angestellten freiwillig erfolgen.

c) Die vermittelten Kenntnisse dürfen nicht nur betriebsbezogen Verwendung finden können.

d) Die Rückverrechnung kann für höchstens 5 Jahre erfolgen und mindert sich pro Jahr um mindestens 20 %.“

Vor Gericht war strittig, ob durch den Verweis auf die kollektivvertragliche Regelung eine Vereinbarung über die Bindungsdauer und damit auch die Aliquotierung getroffen wurde.

Der Oberste Gerichtshof führt dazu aus, dass die gegenständliche Kollektivvertragsbestimmung lediglich als Rahmen für eine noch konkret abzuschließende Vereinbarung über die Bindungsdauer zu sehen ist. Der Kollektivvertrag legt nur fest, dass eine Rückverrechnung für höchstens fünf Jahre erfolgen kann und sich die Rückzahlungspflicht in diesem Fall um mindestens 20 % pro Jahr vermindert.

Diese Bestimmung würde es den Parteien ermöglichen, im Rahmen der gesetzlichen und kollektivvertraglichen Mindestvorgaben, eine höhere Minderung  des Rückersatzanspruches zu vereinbaren.

Im zu entscheidenden Fall fehlte eine solche konkrete Vereinbarung aber. Weiters betonter der OGH, dass die schriftliche Vereinbarung über den Ausbildungskostenrückersatz auch eine formelle Qualität aufweisen muss, ohne die keine Verpflichtung zum Rückersatz besteht.

Konsequenzen für die Praxis

Die vorliegende Entscheidung wird in der Praxis von überragender Bedeutung sein.

Die Kollektivverträge legen grundsätzlich immer nur einen Höchstrahmen für die Bindungsdauer und die Aliquotierung fest. Daher sind zahlreiche bestehende Vereinbarungen von Rechtsunwirksamkeit bedroht. In all den Fällen, in denen eine Vereinbarung zum Ausbildungskostenrückersatz keine Aliquotierungsregel enthält, sondern auf den Kollektivvertrag verweist, führt dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung.

Für zukünftige Vereinbarungen über  Ausbildungskostenrückersätze sollten jedenfalls folgende Punkte beachtet werden:
1.) Schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über eine konkrete Aus- und Weiterbildungsbildungsmaßnahme 
2.) Abschluss der schriftlichen Rückzahlungsvereinbarung jedenfalls noch vor der „Buchung“ der Ausbildung, allenfalls Einräumung einer kurzen Überlegungsfrist für den Mitarbeiter
3.) Angabe der exakten Höhe der aufgeschlüsselten Kosten
4.) Vereinbarung der Bindungsdauer nach Abschluss der Ausbildung (maximal fünf Jahre)
5.) mindestens jährliche Aliquotierung

Sämtliche angeführten Punkte müssen in der Vereinbarung selbst enthalten sein (keine Verweise auf andere Bestimmungen)

Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist die Rückzahlungsvereinbarung zur Gänze ungültig! Der Arbeitnehmer muss keine Ausbildungskosten zurückzahlen!

Mag. Dr. Gerwin Kürzl, Fiduzia Steuerberatungs GmbH

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